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Anforderungen an eine verhaltensbedingte Kündigung eines Chefarztes

Datum: 10.11.2015

Die Parteien streiten sich über die Rechtmäßigkeit einer Abmahnung eines Chefarztes sowie um dessen verhaltensbedingte Kündigung.

Der Kläger war seit September 2008 als Oberarzt und seit September 2009 als Chefarzt der Inneren Medizin II bei dem beklagten Krankenhaus beschäftigt.

Die Parteien haben auf Grundlage der Einschätzung des Gerichts im Kammertermin am 08.09.2015 einen widerruflichen Vergleich geschlossen.

Nach Auffassung der Kammer erfüllte die Abmahnung vom 30.07.2014 nicht die Anforderungen an die Hinweis- und Rügefunktion. Die Beklagte hat das zu beanstandende Fehlverhalten des Klägers nicht deutlich gemacht, so dass für diesen nicht erkennbar war, welches Verhalten zukünftig von ihm erwartet wird. Die Beklagte war der Auffassung, dass einem Arbeitnehmer in der Position des Klägers auch mit Beschreibung des Vorfalls klar sein müsse, worin sein Fehlverhalten liege. Diese Auffassung teilte die Kammer nicht. Auch der Kläger ist Arbeitnehmer, dem der konkrete Pflichtverstoß und das vertragsgemäße Verhalten aufzuzeigen ist, anderenfalls ist der Arbeitnehmer nicht in der Lage zu erkennen, durch welches Verhalten er nach Auffassung des Arbeitgebers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen hat.

Auch die verhaltensbedingte Kündigung des Klägers vom 29.12.2014 konnte nach Auffassung des Gerichts keinen Bestand haben. Zum einen fehlte es an der für eine verhaltensbedingte Kündigung erforderlichen Abmahnung. Zum anderen konnte die Beklagte nach Auffassung des Gerichts ein Fehlverhalten des Klägers nicht begründen.
 
Die Beklagte hat dem Kläger in erheblichem Umfang über den gesamten Verlauf des Arbeitsverhältnisses schwerwiegende medizinische und organisatorische Pflichtverletzungen vorgeworfen. Diese Vorwürfe reichten von Patientengefährdung und -tötung bis hin zu Defiziten in der Personalführung, im Patientenumgang. Allerdings fehlte es nach Auffassung des Gerichts in allen 21 beanstandeten Fehlleistungen seitens der Beklagten an einem konkreten Vorwurf. Die Beklagte konnte das Gericht nicht davon überzeugen, worin konkret die Pflichtverletzungen des Klägers lagen bzw. warum dieser sich Fehlverhalten anderer zurechnen lassen müsse und warum keine milderen Mittel erfolgversprechend gewesen wären. Das Gericht sah das Hauptproblem vielmehr in der fehlenden Organisationsstruktur zwischen den einzelnen Verantwortlichen. Ferner gab es weder im medizinischen noch im organisatori-schen Bereich gab es im Vorfeld (rechtmäßige) Abmahnungen. Vielmehr war das Verhältnis zwischen den Parteien geprägt von Schuldzuweisungen.

Das Gericht war der Auffassung, dass organisatorische Maßnahmen zur Änderung der bestehenden Struktur bei der Beklagten im Verhältnis Geschäftsführung, chefärztlicher Leitung und Pflegedienstleitung eine angemessene Reaktion gewesen wäre, um auf die bestehenden Missstände zu reagieren. Das Gericht hat aber auch nicht verkannt, dass das Arbeitsverhältnis und vor allem auch das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien in erheblichem Maße gestört war. Vor diesem Hintergrund haben sich die Parteien darauf verständigt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen Ihnen gegen Zahlung einer Abfindung am 30.06.2015 endete. Der Vergleich wurde nicht widerrufen.

Arbeitsgericht Heilbronn, Az. 6 Ca 350/14 und 6 Ca 9/15

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